Zentrale Infrastruktur als Erfolgsfaktor im Zahlungsverkehr
Dass Infrastruktur eine zentrale Voraussetzung für moderne Wirtschaftssysteme ist, ist nicht neu. Jeder weiß: Ohne gut ausgebaute Verkehrswege kann keine Industrienation funktionieren.
Gleiches gilt für den Zahlungsverkehr. Eine funktionierende Zahlungsinfrastruktur – wie wir sie beim Bargeld seit langem kennen – ist essenziell für jede Volkswirtschaft. Immer wieder zeigt sich, dass es für ein Wirtschaftssystem vorteilhaft ist, wenn die grundlegende Infrastruktur vom Staat oder von staatsnahen Institutionen bereitgestellt wird.
Entscheidend ist dabei die „grundlegende“ Infrastruktur – nicht weniger, aber auch nicht mehr. So stellt beispielsweise das Eurosystem die Bargeldversorgung sicher, betreibt jedoch – zu Recht – keine eigenen Geldautomaten.
Wie beim Bargeld kann auch im digitalen Zahlungsverkehr eine zentrale Infrastruktur ein wesentlicher Erfolgsfaktor sein.
Pix – ein Erfolgsmodell aus Brasilien
Seit Ende 2020 stellt die Zentralbank von Brasilien den Marktteilnehmern mit Pix eine Infrastruktur für digitale Zahlungen bereit – offen für sämtliche Zahlungsarten und -kanäle des digitalen Zeitalters.
Die Nutzung wächst rasant, sowohl auf Konsumenten als auch auf Händlerseite. Der Grund: Pix funktioniert ohne Zwischenhändler und ohne Kartennetzwerke. Dadurch ist das System für die Nutzer äußerst kostengünstig, gleichzeitig schnell und effizient.
Heute wickelt Pix rund 76 % aller Bankinteraktionen in Brasilien ab und hat Bargeld und Karten damit deutlich überholt. Jeder Marktteilnehmer kann eigene Geschäftsmodelle auf Basis der Pix-Infrastruktur entwickeln – unabhängig von anderen Zahlungsdienstleistern.
Brasilien hat mit Pix eine Infrastruktur geschaffen, die sowohl der Bevölkerung als auch der Wirtschaft erheblichen Nutzen bringt. Für große, bislang marktbeherrschende Anbieter wie Visa, Mastercard oder PayPal bedeutete das erhebliche Einbußen bei den Transaktionszahlen.
Pix als Vorbild für Europa?
Leider ist bei der Europäische Zentralbank (EZB) bislang kein Infrastrukturverständnis für digitale Zahlungsmethoden zu erkennen. Die EZB hat schon bei der Einführung von Instant Payments – konkret bei TIPS – gezeigt, dass sie das Thema Infrastruktur gar nicht versteht oder etwas länger braucht mit dem Verständnis.
Beim digitalen Euro zeichnet sich zudem ein weiteres Problem ab: Die EZB plant, über die Bereitstellung der grundlegenden Infrastruktur hinaus auch zusätzliche Leistungen selbst anzubieten. Das käme einem unangemessenen Markteingriff gleich.
Sinnvoller wäre es, die Basisinfrastruktur zentral bereitzustellen, darauf aufbauende Dienstleistungen aber privaten Marktteilnehmern zu überlassen.
Vielleicht ist die EZB tatsächlich eher Regulatorin als Gestalterin.
Wero – ein Lichtblick für Europa?
Um die Schwächen der EZB auszugleichen, wurde die European Payments Initiative (EPI) ins Leben gerufen – getragen von zahlreichen europäischen Banken. Mit Wero hat sie inzwischen ein eigenes Zahlungssystem gestartet: zunächst als person-to-person (P2P)-Lösung, mit dem Ziel, später auch weitere digitale Zahlungsfunktionen anzubieten.
Noch ist der Marktanteil gering, und die Akzeptanz überschaubar. Händler und Kunden müssen erst überzeugt werden. Hinzu kommen typische europäische Hürden: komplexe Regulierung, fragmentierte Märkte und die Dominanz globaler Player.
Lektion aus Brasilien: Infrastruktur entscheidet
Pix zeigt eindrucksvoll, was viele große Zahlungsanbieter ungern zugeben:
Eine zentral orchestrierte, staatlich getragene Infrastruktur schafft Tempo, Sicherheit und Vertrauen.
Sie eröffnet privaten Anbietern Raum für Innovation und fördert damit Wachstum in der gesamten Branche.
Eine starke, offene und staatlich unterstützte Zahlungsinfrastruktur kann so zu einem entscheidenden Motor wirtschaftlicher Entwicklung werden – sichtbar in Brasilien und möglich auch in Europa.
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